Eines meiner Spezialgebiete als Hypnose- und Transformationscoach sind Klienten, die trotz umfangreicher Expertise von Businessblockaden und Selbstwertthemen betroffen sind. Ihr Business tritt durch zahlreiche selbstschädigende Glaubenssätze und blockierende Denkmuster auf der Stelle. Sie leiden darunter oft sehr und wollen endlich die Ursache dafür finden. Oft steht hinter diesen Themen eine ‚verzerrte‘ eigene Selbstwahrnehmung – eine sogenannte „kognitive Verzerrung„. Dieses Phänomen wird auch das Imposter-Syndrom genannt.
Das genaue Gegenteil ist unter dem Begriff Dunning-Kruger-Effekt bekannt. Beide Erscheinungen berühren die Frage, wie wir uns selbst in Bezug auf unsere Fähigkeiten, Erfolge und Kompetenzen sehen – und sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Während das eine mit Selbstzweifeln einhergeht, ist das andere geprägt von Selbstüberschätzung.
Ich möchte mit Dir heute mal etwas genauer betrachten, wie diese beiden Mechanismen funktionieren, warum diese beiden Erscheinungsbilder so spannend sind und welche wertvollen Erkenntnisse wir durch sie für unsere persönliche Entwicklung und unser Wachstum gewinnen können.
Der Dunning-Kruger-Effekt: Die Kunst der Selbstüberschätzung
Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt eine kognitive Verzerrung, bei der Menschen mit wenig Wissen oder Erfahrung in einem bestimmten Bereich ihre eigenen Fähigkeiten massiv überschätzen. Dieses Phänomen tritt auf, weil es ihnen an der nötigen Kompetenz fehlt, um ihre Fehler zu erkennen oder ihre Fähigkeiten realistisch einzuschätzen.
Stell dir einen unerfahrenen Hobbykoch vor, der glaubt, ein Sternerestaurant führen zu können, weil er ein paar einfache Rezepte gemeistert hat.
Die simple Erklärung: Er weiß nicht, was er nicht weiß.
Und GENAU DAS führt zu seiner Selbstüberschätzung. Das Paradoxe dabei: Je mehr Wissen und Erfahrung man erlangt, desto eher erkennt man die Komplexität eines Themas und wird realistischer in der Selbsteinschätzung. Der Dunning-Kruger-Effekt tritt also oft bei Einsteigern auf und erwächst aus der Unfähigkeit, die eigene Inkompetenz zu erkennen.
Das Imposter-Syndrom: Erfolg und die Angst, entdeckt zu werden
Im Gegensatz dazu steht das Imposter-Syndrom – ein psychologisches Muster, bei dem Menschen trotz meßbarer Erfolge ond hoher Kompetenz davon überzeugt sind, ihre Leistungen seien einfach „Glück“ – oder sogar Täuschung. Sie fühlen sich wie Hochstapler (daher der Begriff engl. ‚Imposter‘) und haben Angst, dass andere irgendwann ihre „Unfähigkeit“ entdecken könnten. Eine Unfähigkeit, die gar nicht real existiert.
Hier sind es nicht die Anfänger. Ganz im Gegenteil: Es sind oft hochqualifizierte und erfolgreiche Personen, die betroffen sind. Denk an eine Managerin, die trotz zahlreicher Erfolge an sich zweifelt und glaubt, sie habe ihre Position nicht verdient. Weil sie z.B. ihr Gehalt zu hoch empfindet, gemessen an ihren „nur normalen“ Leistungen – oder weil sie die hohe Wertschätzung ihrer Kollegen nicht einfach so annehmen kann, wie sie gemeint ist, sondern Doppelzüngigkeit, Intrigen und Heuchlertum wittert.
Diese Selbstzweifel führen am Ende zu einer sehr ungesunden Energie: Sie führen zu überzogenem Perfektionismus, Dauerstress und dem ständigen Gefühl, „nicht genug“ zu sein. Ironischerweise tritt das Imposter-Syndrom oft bei Menschen auf, die besonders kompetent sind – sie setzen ihre Messlatte so hoch, dass sie sich selbst nie gerecht werden können.
Selbstüberschätzung trifft Selbstzweifel: Die Hauptunterschiede
Was diese beiden Phänomene so faszinierend macht, ist ihre Gegensätzlichkeit. Während der Dunning-Kruger-Effekt von einem übermäßigen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten geprägt ist, zeichnet sich das Imposter-Syndrom durch einen Mangel an Vertrauen aus – selbst bei klaren Erfolgen. Die emotionale Komponente ist ebenfalls völlig unterschiedlich: Menschen mit Dunning-Kruger-Effekt empfinden meist keine Unsicherheit, während diejenigen mit Imposter-Syndrom unter starken Ängsten und Selbstzweifeln leiden.
Warum es sich lohnt, beide Phänomene zu kennen
Beide Erscheinungsbilder zeigen uns, wie stark unser Selbstbild durch kognitive Verzerrungen geprägt sein kann. Du kannst für Dich daraus mitnehmen, achtsamer mit Deinen Urteilen über Dich selbst umzugehen – aber auch mit Deinen Urteilen über andere. Wenn du das Gefühl hast, dass du alles weißt, könnte es sich lohnen, innezuhalten und dein Wissen zu hinterfragen und weitere Quellen hinzuzuziehen. Wenn du dich wie ein Hochstapler fühlst, erinnere dich immer daran, dass Selbstzweifel schon immer eher ein Zeichen von Kompetenz waren als von Unfähigkeit.
Am Ende ist Dein Wissen über diese beiden Gegensätze ein Schritt hin zu mehr Selbstbewusstsein und einer realistischeren Selbsteinschätzung.
Vielleicht hilft es dir, sowohl deinen eigenen Wert besser zu erkennen als auch andere Menschen mit mehr Verständnis zu betrachten. Denn eines haben der Dunning-Kruger-Effekt und das Imposter-Syndrom gemeinsam: Sie zeigen uns, wie komplex und faszinierend die menschliche Psyche ist.